Mittwoch, 4. Januar 2012

Fehlklänge im europäischen Konzert

Die EU erlebt mit der Eurokrise ihre erste wirkliche Prüfung seit dem Fall des Eisernen Vorhangs; besteht sie, kann sie stärker werden als je zuvor, andernfalls droht das Ende eines bisher einmaligen Experiments.
Die Szene war symbolisch für das Krisenmanagement der EU in den letzten Monaten: Nach einer langen Verhandlungsrunde während des EU Gipfels am 9. Dezember in Brüssel kommt der britische Premierminister David Cameron dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy entgegen und streckt die Hand zur Begrüßung aus. Dieser ignoriert ihn nur und wendet sich anderen Kollegen zu. Ähnlich unterkühlt sind die Beziehungen zwischen zahlreichen anderen EU Mitgliedsstaaten. So beschossen sich die Regierungen der EU am Rande des Gipfels gegenseitig mit Vorwürfen um von ihrem eigentlichen Problem abzulenken: jahrelange Vetternwirtschaft und Unterschätzung von Krediten, die die Weltfinanzkrise 2008 in eine Staatsschuldenkrise und Eurokrise verwandelt hat.

In Deutschland herrscht Wut auf Griechenland. Man möchte nicht für Schulden aufkommen die man selbst nicht verursacht hat. Frankreich kritisiert Deutschlands Blockade zu Eurobonds, Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen möchte am liebsten ganz aus dem Euro austreten, und Polens Außenminister Radoslaw Sikorski wirft Deutschland Unentschlossenheit vor.

Ziel des Gipfels war die Ausarbeitung eines neuen EU-Vertrages mit stärkeren Kontrollen des Finanzsystems und somit einer Stärkung des Euros gegenüber Spekulanten. Das „Nein“ von Großbritannien zu dem Vertrag demonstriert damit auch die Wiedererstärkung der Banken und die Ohnmacht der Politik. Irland, gerade erst durch den Eurorettungsregenschirm in sanfte Gewässer gebracht, gilt als potentieller Anhänger Großbritanniens bei einem „Nein“ zur EU Vertragsänderung. Immer mehr Staaten praktizieren Protektionismus und verschlimmern dadurch die wirtschaftliche Lage.

Ein eigener EU-Vertrag aller Staaten die Vertragsänderungen wollen, ein Nord-Euro, ein Ende des Euros. Alle Szenarien scheinen im Moment möglich. Jedoch geht es häufig auch um Eigeninteressen, anstelle das Land aus der Krise zu hieven. Merkels Blockade gegen Euro-Bonds beispielsweise ist aus makroökonomischer Sicht uneffektiv, weil Deutschland von der Wirtschaftskraft seiner Nachbarn und den daraus folgenden Exporten abhängig ist und von einer Pleite eines EU-Mitglieds betroffen wäre, wird aber von deutschen Unternehmern gefordert.

2012 nun steht Europa am Scheideweg. Der Euro hat nur eine Zukunft, wenn alle Staaten, die EU-Mitgliedsstaaten außerhalb der Eurozone eingeschlossen, auch in Krisenzeiten zusammenarbeiten, anstatt sich auf die kurzfristigen Vorteile des Protektionismus zu fixieren. Denn dieser Zusammenhalt bestimmt die Stärke des Euros als Leitwährung und schafft das so sehr benötigte Vertrauen der Märkte. Ein gemeinsames Überstehen der Krise, die die EU momentan spaltet, würde somit den Euro mehr stärken als je zuvor.

Für 2012 bessern sich Vorzeichen der Wirtschaft. Die USA erwarten2012 ein Wachstum von 2,5%, was man heutzutage als Aufschwung werten kann. Nun ist es an Europa sich wieder besser abzustimmen. Dann klingt das Konzert auch wieder fehlerfrei.

Nino Zebiri

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