Samstag, 31. Dezember 2011

2012 – Die große DNP-Jahresvorschau

Zu tief ins Glas oder in die Glaskugel geschaut?  Während Fernseh- wie Radiosender und Nachrichtenmagazine mit Rückblicken auf 2011 nerven, prophezeie ich lieber die kommenden Ereignisse. Ob Olympia, Fußball-EM, die US-Präsidentschaftswahl oder die leidliche Jobsuche des Lothar Matthäus.


                                 (Quelle: tz-online.de) 
"Ich würd's machen!". Ob als "Wetten dass..?"- Nachfolger oder als Komparse in "the dark night rises" - 2012 könnte das Jahr des Lothar Matthäus werden!

Januar

Zum Jahresbeginn feiert Europa ein besonderes Geburtstagskind: Vor 10 Jahren wurde der Euro als Bargeld eingeführt, nun feiert die Einheitswährung sein erstes rundes Jubiläum. Wenig untypisch für Kinder in diesem Alter zeigt sich der Euro momentan als quengelnder Quälgeist, der Mama und Papa (personifiziert durch Frau Merkel und Monsieur Sarkozy) große Sorge bereitet. David Cameron spielt gar den bösen Onkel und löste die Familienbande aufgrund des unerzogenen Störenfriedes komplett auf. Fraglich, ob das Kindergeld in Milliardenhöhe, bereit gestellt durch Großvater (IWF) und Großmutter (EZB), die verzwickte familiäre Lage besänftigen können – zumal die traditionell schwierigste Phase des Heranwachsens, die Pubertät, dem Euro ja noch bevorsteht…

Februar

Karl-Theodor zu Guttenberg bastelt weiter an seinem Comeback. Um seine öffentliche Präsenz weiter auszubauen, unterschreibt der Baron einen Werbevertrag mit dem japanischen Elektronikkonzern Kyocera. Dessen Vorstandschef Tetsuo Kuba verkündet: „Karl-Theodor ist das ideale Testimonial für unseren Slogan wirtschaftlicher Drucken und Kopieren.

Beim ZDF läuft die Suche nach einem Nachfolger für Thomas Gottschalk weiter auf Hochtouren. Zwar trudeln täglich neue Absagen von den vermeintlichen Wunschkandidaten ein, dennoch ist nun ein Licht am Ende des Tunnels zu sehen: Gegenüber einem RTL-Punkt-12-Kamerateam bekennt Lothar M. aus H.: „Ich würd’s machen!“

März

In Russland stehen Präsidentschaftswahlen an, dabei strebt Wladimir Putin eine Rückkehr auf seinen früheren Posten als Staatschef an. Nach den Vorkommnissen bei der letztjährigen Parlamentswahl werden verstärkt Wahlbeobachter eingesetzt. Die russischen Spitzenpolitiker zeigen sich einsichtig und bringen sich mit kreativen Ideen in die Wahlorganisation ein. Da Deutschland als korruptionsbefreiter Staat einen international hervorragenden Ruf genießt, verständigt man sich auf das Berliner Café King als lokalisierten think tank. Zudem wird bekannt gegeben, dass der frühere deutsche Spitzenschiedsrichter Robert Hoyzer als Wahlhelfer fungieren soll. Putin: „Ein Mann, der ein Talent dafür hat, Recht und Ordnung herzustellen. Und wir suchen Talente – keine Heiligen!“

Zwischenzeitlich hat Thomas Bellut seinen Posten als neuer Intendant des ZDF angetreten. In seiner Antrittsrede verkündet er: „So lange Markus Schächter und ich beim ZDF etwas zu sagen haben, wird Lothar Matthäus nicht einmal Kabelhilfe im neuen heute-Studio!“

Das deutsche Partyvolk bekommt wieder einmal einen Grund serviert, sich in schwarz-rot-geile Euphoriewellen zu stürzen. Dortmund ist Gastgeber der Tischtennisweltmeisterschaft, weshalb findige Eventmanager die Organisation von Fanmeilen, Vuvuzelas in Landesfarben sowie den allseits beliebten Autofähnchen in Gang setzen. Wie das Turnier sportlich verläuft – wen interessiert’s!? Hauptsache, es gibt einen Anlass zu Besäufnissen im Schatten vaterländischer Athleten!

April
Am 15.4. jährt sich der 100. Jahrestag des Untergangs der RMS Titanic. Grund genug für Hollywoods gewiefte Filmstudios, die Schnulze aller Schnulzen dem geneigten Publikum ein weiteres Mal bei Cola und Popcorn in den Kinos vorzuführen. Ganz innovativ: Digital nachbearbeitet darf das Geturtel von Leonardo di Caprio und Kate Winslet nun auch in 3D betrachtet werden…. was die Schmachtballaden von Céline Dion für alle männlichen Bewohner des Erdballes jedoch keinen Deut erträglicher werden lässt.

Mai

Die Landtagswahl in Schleswig-Holstein endet für die FDP – wie mittlerweile gewohnt – in einem Debakel. Lediglich 1,3 % der Stimmen bedeutet eine Platzierung zwischen der Anarchistischen Pogo Partei und den Grauen Panthern. Die Regierungskoalition bildet ein Bündnis aus SPD und Linkspartei – rot und rot steigen im Norden gemeinsam in die Kiste. Nicht nur führende CDU-Oppositionspolitiker vermuten in dieser Vereinigung „schlichtweg Liebe“!

Im aserbaidschanischen Baku findet eine weitere Auflage des Eurovision Song Contests statt. Ohne Lothar Matthäus – seine Casting-Bewerbung war von geringem Erfolg gekrönt, was den Rekordnationalspieler zu einem Rundumschlag gegen die Republik ausholen lässt: „Ich weiß, dass meine Chance für Deutschland anzutreten lediglich bei 5 Prozent lag. Mit meinem Namen wird einfach zu viel Schindluder getrieben.“ Kommentar Stefan Raab: „So lange Lena und ich beim Eurovision Song Contest etwas zu sagen haben wird Lothar Matthäus nicht einmal Backgroundtänzer der Gewinnerband!“

Die Allianz-Arena in München ist Schauplatz des Endspieles der UEFA Champions League – und, dies darf man zweifellos feststellen, hier treffen zwei Gegner aufeinander, durch welche dieses Fußballspiel zu Recht als Traumfinale deklariert werden darf. Glanz und Gloria, Elitestars des Weltfußballs, zwei Namen, die sämtlichen Rivalen die Knie schlottern ließen. Der geneigte Leser hat zweifellos erkannt: Die Endspielpaarung 2012 lautet FC Basel gegen APOEL Nikosia.

Juni

Gleich zwei 60-Jahres-Jubiläen werden in diesem Monat begangen: Queen Elisabeths Thronbesteigung sowie die erste Ausgabe der Bild-Zeitung lagen gerade einmal 22 Tage voneinander getrennt. Bleibt zu sagen: Wir freuen uns auf die nächsten 60 Jahre, werte Königin!

In Polen und der Ukraine wird die Fußball Europameisterschaft ausgetragen. Als Verkaufsschlager in den Stadien in Kiew, Donezk, Lwiw und Charkiw erweisen sich dabei frisch zubereitete Hot Dogs. Auf den Hund gekommen ist allerdings das ukrainische Team, Shevchenko, Tymoshchuk und Co. können das Vorrundenaus nach Niederlagen gegen England und Schweden nicht verhindern – was die Zuschauer allerdings natürlich nicht davon abhält, einzelne Torerfolge frenetisch zu bejubeln. Als Tormusik wählten die Veranstalter – wie sollte es anders sein – „Who let the dogs out?“

Juli

Die diesjährige Ausgabe der Tour der France läuft auf Hochtouren. Als Hauptsponsor der Frankreich-Rundfahrt tritt seit diesem Jahr die Apothekenkette Doc Morris auf. Lance Armstrong, zurückgetretener Rekordsieger, beschäftigt sich unterdessen als menschliches Versuchskaninchen für Laborstudien junger Chemiestudenten. „Ich treffe hier auf einige Talente, die mit ihren Fähigkeiten mein Leistungsvermögen noch weiter steigern können. Und ich suche Talente – keine Heiligen!“

Derweil beherbergt London die 30. Ausgabe der Olympischen Spiele. Die römische Bezeichnung XXX.-Olympiade stiftet allerdings reichlich Verwirrung: So betrachtet sich Lothar Matthäus als aussichtsreicher Favorit für einen regelrechten Medaillenregen und auch Silvio Berlusconi stattet der britischen Landeshauptstadt einen Besuch ab, zieht allerdings enttäuscht von dannen, als er bemerkt, dass es sich um eine Sportveranstaltung und keine Bunga-Bunga-Party handelt.

Passend zum Jahr der Fledermaus lässt Christopher Nolan einen neuen Batman-Film in den Kinos erscheinen. Nach dem Tod Heath Ledgers übernimmt diesmal Tom Hardy die Rolle des Gegenspielers Bruce Waynes. Ebenfalls für die Rolle beworben hatte sich – natürlich – der weiterhin arbeitslose Lothar Matthäus, welcher jedoch von Nolan abgewatscht wurde: „So lange Christian Bale und ich bei Batman etwas zu sagen haben, wird Lothar Matthäus nicht einmal Tankwart des Batmobils!“

August

Vor 2000 Jahren wurde Caligula geboren. Der einstige römische Kaiser gewann im Besonderen durch seinen Wahnsinn, einem Hang zur Gewalt und diversen ausgelebten Frauengeschichten an Bekanntheit. Lothar Matthäus: „Wer ist das? Ist sein Job frei?“

September

Angela Merkel lässt in einer parteiinternen Abstimmung die Fraktion entscheiden, ob zum Abendessen beim Italiener oder Griechen bestellt werden soll. Sie persönlich habe Appetit auf Gyros mit Tsatsiki. Die meisten CDU-Abgeordneten folgen gehorsam dem Appell der Kanzlerin, lediglich Wolfgang Bosbach pocht auf die im Grundgesetz verankerte Entscheidungsfreiheit und gibt sich seinem Wunsch nach einer italienischen Lasagne hin. Ronald Pofalla kommentiert süffisant: „Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen!“

In München fällt der Startschuss für das Oktoberfest. Weshalb trägt dieses rituelle Massenbesäufnis eigentlich diesen Namen, obwohl es kalendarisch im September platziert ist? Egal, Hauptsache Bier!

Die Computerspielmesse gamescom wird zum bereits vierten Mal in Köln abgehalten. Wie im Vorjahr lassen sich einige private Fernsehstationen den Spaß nicht nehmen, Kamerateams auf die Jagd nach Computerspielern zu schicken, die nicht ganz dem Mainstream-Gute-Zeiten-Schlechte-Zeiten-Ideal entsprechen. Pro Sieben lässt sich gar zur Ausstrahlung einer Sondersendung hinreißen: „Uri Geller live von der gamescom – Ufos und Aliens!“

Oktober
Der Oktober – ein guter Zeitpunkt für ein Oktoberfest! Wenn es nicht bereits im September stattgefunden hätte….

November

Die US-Präsidentschaftswahlen erregen weltweit großes Aufsehen. Barack Obama stellt sich der Wiederwahl und tritt gegen den Republikaner Mitt Romney an. Ebenfalls als Präsidentschaftskandidat an den Start geht Robert John Burck – besser bekannt als The Naked Cowboy vom Times Square in New York. Der FKK-Countrysänger erreicht mit stattlichen 1,5 % einen höheren Stimmanteil als hierzulande die FDP in den letzten Parlamentswahlen. Philipp Rösler kündigt daraufhin an, dass seine Parteifreunde zukünftig auch lediglich mit einem Cowboyhut bekleidet auf Stimmfang gehen werden. Außenminister Guido Westerwelle meldet sich erstmals in diesem Jahr zu Wort und verkündet begeistert: „Diese Kampagne wird der FDP neuen Aufschwung verleihen! Philipp Rösler hat das Talent, Leute für unsere Partei zu begeistern. Und wir brauchen Talente – keine Heiligen!“

Dezember

Am 21.12. endet eine Dekade des Maya-Kalenders. Esoteriker aus aller Welt deuten dies als Zeichen für den Weltuntergang. Dabei besagen andere Interpretationen, dass die Menschheit den Aufstieg in eine neue spirituelle Dimension zu erwarten hat! Für unseren Freund Lothar Matthäus bedeutet dies im Klartext: Die Jobsuche hat ein Ende! Silvio Berlusconi engagiert den Herzogenauracher als Event-Manager für seine weiterhin in schöner Regelmäßigkeit abgehaltenen Bunga-Bunga-Partys. „Er hat einfach ein Talent dafür, Frauen abzuschleppen. Und für diese Aufgabe brauche ich Talente – keine Heiligen!“

Benjamin Schaller

Mittwoch, 21. Dezember 2011

Schafft die Rente ab!

Hurra! Die Berechnungen für das nächste Jahr haben ergeben, dass nach vielzähligen Nullrunden, die Renten nächstes Jahr um 2,3% steigen werden, was einem monetären Wert von ca. 16 Euro entspricht. Was eigentlich ein Grund zur Freude sein sollte, könnte aber auch kritisch hinterfragt werden.
Denn auch wie in der Gesellschaft im allgemein zu sehen ist, geht die soziale Schere, im speziellen bei den Rentnern, immer weiter auseinander. Die wachsende Zahl der Rentner, die nicht mehr von der Rente leben können steigt, wohingegen sich ein beachtlicher Teil mit einer guten Pension, ein schönes Leben machen können. Und am Ende sind es die Arbeitnehmer, die steigende Sozialausgaben auch nicht mehr stemmen können. Ein Kreislauf, der nur durch eine Maßnahme durchbrochen werden kann. Schafft die Rente ab!

Es muss nicht verleugnet werden, dass es in Deutschland sehr viele gut verdienende Rentnerinnen und Rentner gibt. Gerade pensionierte Beamte, wo 2/3 mehr als 2000 Euro im Monat bekommen, kommen mit ihrer Rente gut aus. Aber genauso gibt es auch ökonomisch schwache Rentner, bei denen ca. 6% (800.000) Ende 2011 die Grundsicherungsrente beziehen müssen, wohingegen aber 94% der Rentner und Pensionierten stehen ( 20 Millionen), denen es so in dieser Form, in der Generation, nie mehr so gut gehen wird, wie den Folgegenerationen. Die Tendenz der Altersarmut wird weiter ansteigen. Und das, obwohl Rentner schon jetzt mehr bekommen,als ihnen nach dem Umlageverfahren zusteht.

Um soziale Gerechtigkeit herzustellen, muss auch ein Rentenausgleich innerhalb der jetzigen Rentnergeneration hergestellt werden. Das bedeutet aber auch die Idee vom sozialen Ausgleich leben, statt wie der ehemalige Ministerpräsident von Hessen, Hans Eichel, bei 9.600 Euro an Altersbezügen sich noch zusätzlicher Gelder zu erklagen.

Erinnern wir uns an die Ursprünge der gestzlichen Rentenversicherung: Im deutschen Kaiserreich führte Otto von Bismarck 1891, als letzte seiner Sozialversicherungen, die Rentenversicherung ein. Man ging damals von einem Renteneintrittsalter von 70 Jahren aus, bei einer damals deutlich geringeren Lebenswerwartung. Man konnte im Schnitt 13 Jahre nach dem Berufsleben die Rente in Anspruch nehmen.
Heute gibt es die Illusion, dass Menschen glauben, sie könnten 20 bis 25 Jahre von der Rente leben. Das umfasst jetzt schon teilweise zwei Generationen. Es kann nicht sein, dass es 25 Jahre lang soziale Transferleistungen vom Staat gibt, weil dieses System sonst an die Wand gefahren wird.

Das sind ökonmoische Utopien, die seit über 40 Jahren von den Parteien aufrecht erhalten werden, weil niemand bereit ist die notwendigen Reformen einzuleiten.
Und um die private Vorsorge gab es in den letzten Jahren nur den Vorstoß der SPD. Aber wirklich verdienen tun an der Riester Rente nur die Versicherer, sofern der Riester-Rentner nicht das 100. Lebensjahr erreichen, um das rauszubekommen, was man ein Leben lang über eingezahlt hat.

Der Generationenvertrag, der damals als Sinnbild für den sozialen Ausgleich stand, verdeutlicht heute ganz klar, dass dieses System zum Scheitern verurteilt ist: Auf einen Rentner sind früher zwei Arbeitnehmer gekommen. Heute hat sich dieses Verhältnis umgedreht, mit Tendenz zu einem dritten Rentner auf einen Arbeitnehmer. Das hat natürlich auch viel mit dem demographischen Wandel zu tun: Die Lebenserwartung steigt jährlich um 0,3%. Das macht in 10 Jahren wieder drei zusätzliche Jahre aus.

System mit Sackgasse

Das System der gesetzlichen Rentenversicherung beläuft sich darauf, dass die Einzahlungen gleich den Leistungen entsprechen müssen, damit wir von Generationengerechtigkeit sprechen können. Die aktuellen Rentner hatten kleine Abgaben, bei großen Leistungen und sind deshalb auch früher in Rente gegangen. Jetzt haben die aktuelen Erwerbstätigen aber höhere Abgaben für weniger Leistungen, sodass sich das Renteneintrittsalter nach hinten verschiebt. Dazu kommen auch noch die Beamten, die gar keine Ausgaben haben und trotzdem eine hohe Pension zugesichert bekommen. Die Schlussfolgerung bleibt, dass zukünftige Generationen gar nicht mehr von der Rente leben können, wenn sie nicht privat vorsorgen oder das ganze Rentensystem komplett umgekrempelt wird.

Die Folge: Die junge und mittlere Generation wird diesen Aufwand an Beiträgen nicht mehr finanzieren können. Das heißt, dass wir irgendwann über die Renten mit 70 und 71 reden müssen, genauso, wie das die Verdienenden auch mutiger im letzten Jahzehnt ihres Arbeitslebens denken müssen. Je nach Branche in der ich mich aufhalte, kann ich auch von heute auf morgen ohne Perspektive darstehen. Die Aussichten auch als Mittfünfziger einen Job zu bekommen, sobald er im Jobcenter ist, sei hier mal deutlich in Frage gestellt.

Ohne ein großer Prophet sein zu müssen, wird man sehen, dass es einen Crash der Renten-Kasse innerhalb der nächsten 10-12 Jahre geben wird. Die junge Generation sollte jetzt bereits nicht mehr in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen, weil man dieses Geld sonst nie wieder sehen wird. Das Gerechtigkeitsprinzip, dass die Abgaben gleich den Leistungen entsprechen sollen, wird komplett verletzt.

Die Alternativen

Die Seniorengenossenschaft in Riedlingen könnte als Vorreiter für ein bundesweites Projekt der Sozialreform gelten. Der Genossenschaftsgedanke in Riedlingen bezieht sich auf: Jeder hilft jedem. Die Helfer können sich das Stundenhonorar von 6 Euro /Stunde auszahlen lassen oder auf einem Zeitkonto ansparen für den Tag, an dem sie selbst Hilfe benötigen. Das Projekt läuft gut an und umfasst derzeit ca. 600 Mitglieder.

Ein zweiter Vorschlag wird u.a. von Lothar Späth (Ministerpräsident in Baden Würtemberg; 1978-1991) unterstützt. Nämlich das ein soziales Pflichjahr eingeführt wird, dass zwei mal im Leben absolviert werden muss. Das erste mal nach der Schule, das zweite mal vor dem Renteneintritt. Er begründet seine Maßnahme damit, dass die Rentnerinnen und Rentner heute noch fitter und vitaler sind, als sie es noch früher waren. Außerdem wünschen sich ältere Mitbürger mehr Verantwortung in der Gesellschaft und eine Beschäftigung, die dem letzten Lebensabschnitt nochmal Schwung geben soll. So soll sich diese Generation auch um Kindergartenkinder kümmern oder sich bei gemeinnütziger Arbeit engagieren.

So oder so wird uns die Rentenproblematik auch die nächsten Jahre noch weiter verfolgen und zukünftig noch häufiger Teil der politischen Agenda sein.

Denny Neidhardt

Sonntag, 11. Dezember 2011

Mittelschicht ade

Occupy-Movement, Obamacare und Anonymous, alles sozialistische Blüten in den Augen vieler Mittelschicht-Amerikaner oder zumindest sollen sie dies denken. In Deutschland hören wir gerne von der CDU ähnliches, was denn nicht alles Sozialismus sei.
Doch: Was genau war nochmal der Unterschied zwischen Sozialismus und Kapitalismus? Demokratie ist nur im Kapitalismus möglich und Demokratie bedeutet Freiheit – so die offizielle Meinung.
Was wir gerne vergessen, beide Systeme haben auch Gemeinsamkeiten. Eine von vielen Gemeinsamkeiten ist, dass kein Bürger beider Systeme frei ist.
Unangenehme Fragesteller verfrachten beide schon mal gerne ins gegnerische Lager, sobald Unannehmlichkeiten des Systems angesprochen werden. Um es in Merkel-manier auszudrücken, die Systemfrage ist „alternativlos“ für beide Seiten. Wobei der Sozialismus in der dritten Runde auf deutschem Boden als DDR ausgeknockt wurde. Erste Runde Straßenkämpfe zur Zeiten der Weimarer Republik, der Sozialismus taumelt. Runde zwei Helmut Schmidt verpasst der RAF, dem Reststraßenkampfsozialismus, den Todesstoß. Am Ende kehrt Schröder die DDR-/Systemsozialismusscherben ins Kabarett mit dem Hartz-IV-Besen.
Sollte ein System seine böse Fratze zeigen, antworten wir als gebildete Demokraten im einzig Freiheit gebenden System ebenfalls mit Merkel: „Um diese Probleme in den Griff zu bekommen, müssen wir eine gemeinsame Lösung finden.“
Ob dies nicht nur eine Phrase ist, die den Herrschenden die Erlaubnis gibt bedeutungsschwanger heisse Luft zu pusten, bis sie uns ausgeht und wir uns auf das andere medialaufgearbeitete Problem stürzen sollen, entscheidet sich an dem Wort „gemeinsam“.
Gemeinsam hiesse, als Demokratie besitzen wir alle einen Anspruch am Allgemeinwohl und damit an den Leistungen, die die BRD bereitstellt. Wäre die BRD ein Unternehmen so hätten wir einen Stakeholder Value. Wir wären in irgendeiner Form in die Erbringung der Leistungen und oder in die Ausschüttung selbiger eingebunden, wären also Teil der Wertschöpfungskette der Fabrik BRD. Doch ein richtiges Mitspracherecht haben wir nicht. Wir können ersetzt werden oder unsere Interessen sind kein Bestandteil der Gewinnerbringung. Wir sind die Nachbarn der Klebstofffabrik, deren Abgase unsere Lungen zerfrisst. Denn: Wir besitzen ja keine Anteile am Unternehmen.
Das sind die Shareholder, also Anteilseigner. Ihr Value, der Shareholder Value muss maximiert werden, denn ihr Geld ist es auch, das investiert ist im Unternehmen. Und jetzt dürfen wir in den Stammtisch verfallen. Wir dürfen von bösen Unternehmern reden, Investmentbankern, verlogenen Politikern und Rechtsanwälten.

Oder wir sprechen von der saublöden Mittelschicht in Deutschland, die vergessen hat, dass schon immer eine kleine Gruppe gesagt hat, wie es läuft. Wie waren die Besitzverhältnisse in Westdeutschland denn über die Jahrtauswende? Vielleicht ist das Heute ja etwas vollkommen Neues.
Erst gab es Sklaven und ihre Besitzer. Dann im Feudalismus Bauern und die Adligen, denen sie zu Frohndienst verpflichtet waren, sowie die Kirche und ihr Anspruch auf den Zehnten. Heute gibt es seit 1918 mit einer kleinen Unterbrechung von 12 Jahren, Uns und unsere Bank, der wir Schuldendienst leisten.
Im ostdeutschen sozialistischen Exkurs selbiges Bild. Eine kleine Gruppe, die den anderen sagt was sie zu tun haben, finanziert durch Banken aus dem Westen, damit ein neues IKEA-Werk hinter dem antifaschistischen Schutzwall im Land der Billiglöhne gebaut werden kann. Was war die Mauer also mehr als eine Fabrikwand, die den Abteilungsleitern unter Führung des Vorarbeiters Honecker, das Ausbeuten der Zwangsmitarbeiter im Tochterunternehmen der BRD erlaubte?! Nicht von Anfang an zugegebenermaßen. Doch die Waldorfschule mit eigenem Ackerbau hat mit dem Aufbau der Fabrikmauer den Betrieb umgestellt auf Billigprodukte für die Kinder der besseren (Wirtschafts-)Schulen im Westen.
Machen wir uns zwei Tatsachen klar, die zu einer Wahrheit führen:
1) Die Mittelschicht ist eine geschichtliche Anomalie. Der zweite Weltkrieg lies zum ersten Mal fast alle auf demselben ökonomischen Niveau zurück. Nun konnte sich jeder hocharbeiten, bis in den Sechzigern sich wieder einige von den anderen nach oben abgesetzt hatten. Seit dem bewegt sich die Gesellschaft wieder auf ihren Zustand vor dem Krieg zu: eine kleine Mittelschicht, viele Geringverdiener und wenige Reiche.
2) Schuldendienst ist das neue Herrschaftsinstrument. Schulden durch Miete, Leasingraten für das Auto, Bausparraten,… alle sollen sie ein passives Einkommen für die Gläubiger erwirtschaften.
Die Wahrheit nun ist frühestens 2400 Jahre alt und stammt aus dem alten Griechenland. Dem Land, in dem sich unsere Währung, der Traum vom Eigenheim und faulen Leben als Teil einer Mittelschicht für alle Europäer entscheidet:
Wir sind entweder Könige unter den Menschen oder die Vasallen dieser Könige (Thukydides).

Matthias Morrkopf

Freitag, 2. Dezember 2011

Die Machtergreifung der Technokraten

In Italien und Griechenland werden erstmals technokratische Regierungen installiert – Ein Modell mit Zukunft?

Am 9.November erklärte der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou seinen Rücktritt; drei Tage später sein italienischer Amtskollege Silvio Berlusconi. Beide wurden Opfer der gegenwärtigen Schuldenkrise in Europa. Während Papandreou sein eigenes Volk mit drakonischen Maßnahmen gegen sich aufbrachte, um an Hilfsgelder zu kommen, ist der wegen seiner Affären unbeliebte Berlusconi über den Zinsanstieg italienischer Staatsanleihen gestolpert. An ihre Stelle treten nun die Regierungen der parteilosen Wirtschaftsprofessoren Loukas Papademos und Mario Monti, bestehend aus Experten und Intellektuellen. Somit wird nun erstmals in Europa die Technokratie instauriert.

Gab es 1920 in der Sowjetunion und 1933 mit dem „New Deal“ bereits erste technokratische Vorhaben und Bewegungen, wurde die Technokratie, eine Politik mit rationaler und effektiver Planung und Durchführung, bis heute jedoch noch nie angewandt. Das Prinzip scheint simpel: Keine parteipolitischen Blockaden, keine leeren Versprechungen, um wiedergewählt zu werden, stattdessen die Umsetzung der von der EU Führung geforderten Sparpakete und eine Stabilisierung der wirtschaftlichen Situation, um damit wieder aus der Krise herauskommen.

Soweit die Theorie. Die Praxis sieht jedoch weitaus weniger euphorisch aus und offenbart die Kehrseite solcher Regierungen: Sie sind weder demokratisch vom Volk gewählt, noch bestätigt und treffen somit unpopuläre Entscheidungen, die vielleicht rational sein mögen, ohne jedoch die Meinung des Volkes zu beachten. Politiker hingegen können durch das Volk unter Druck gesetzt werden, was sie zum mehr Transparenz und Konsensfähigkeit zwingt.

Zudem lernt die Wirtschaft momentan ihre Grenzen kennen. Ganze Modelle, auf die sich Ökonomen jahrelang stützten, sind heute mit einem mal nicht mehr aktuell. Ben Bernanke, ehemaliger Professor an der Universität Princeton und heutiger Präsident der US-Notenbank FED, musste das 2007 erfahren, als er mit seiner Leitzinserhöhung eine Kreditklemme bei den Banken auslöste, die 2008 ihren Höhepunkt mit der Pleite von Lehman Brothers erreichte. Auch Technokraten sind nicht Fehlerfrei.

Hinzu kommt, dass die beiden vermeintlichen Retter für die Krise mitverantwortlich sind, in der ihre Länder heute stecken. Papademos führte als Gouverneur der griechischen Zentralbank den Euro in Griechenland ein, obwohl die Maastricht-Kriterien nicht erfüllt wurden. Monti ist als Berater von Goldman Sachs mitverantwortlich für den Verkauf von CODs, einer Ansammlung hochriskanter Kredite, an Europa, was ausschlaggebend für die Übertragung der Kreditkrise in den USA auf Europa war.

Dementsprechend skeptisch reagierten die Märkte auf die Amtseinführungen, die eigentlich für mehr Vertrauen in den Euro sorgen sollten und die diesen Monat, nach der irrtümlichen Herabstufung Frankreichs durch die US Ratingagentur Standard&Poor’s, um so dringender benötigt wird.

Aller Kritik zum Trotz: Man darf gespannt sein auf die Ergebnisse der neuen Ministerpräsidenten und des noch unverbrauchten politischen Systems.


Nino Zebiri