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Samstag, 31. März 2012

Wachstum statt Moral?

Wenn man sich einmal für eine Bank entschieden hat, ist diese Beziehung oft stabiler als so manche Ehe. Trotzdem sollte man hin und wieder prüfen, ob man noch glücklich mit ihr ist. Denn die Antwort lautet nein – falls man Kunde der Deutschen Bank ist.


Auf der Vollversammlung der Deutschen Bank sorgte Barbara Happe 2011 für Aufsehen. Die Aktionärin und Vertreterin des Naturschutzverbandes urgewald e.V. klagte dort die Unternehmenspolitik des Bankhauses an, genauer: Sie klagte über Beteiligungen an Geschäften mit international geächteten Streubomben. Um die Aussage zu unterstreichen, sprach ein verkrüppelter Mann, selbst Streubombenopfer aus Serbien, vor den versammelten Gesellschaftern. Der Auftritt zeigte Wirkung. Josef Ackermann versprach schließlich im November letzten Jahres, man werde die Geschäfte mit den betreffenden Waffenherstellern einstellen.


Ist das schon Grund genug, die Bank zu wechseln? Vielleicht nicht, sieht es doch nach einem Erfolg, nach einer Änderung in der Unternehmenspolitik aus. Die Finanzierung von Streubomben ist allerdings nicht der einzige Fleck auf der weißen Weste der Deutschen Bank. Es kommen noch eine Reihe weiterer verwerflicher Geschäfte hinzu. Ganz abgesehen davon, dass die Deutsche Bank ihr Versprechen gebrochen hat und neue Geschäfte mit Streubombenherstellern einging (was Ackermann öffentlich frech leugnete), bleiben Beteiligungen am Waffenhandel mit Diktatoren, am schmutzigen Abbau von Uranerz in Südafrika und an moralisch verwerflichen Spekulationen auf Lebensmittel unerwähnt.


Wie verteidigt das die Deutsche Bank? Jürgen Fitschen, Vorstandsmitglied der Deutschen Bank, ließ dazu auf dem evangelischen Kirchentag in Dresden vernehmen: „Wer will denn schon kein Wachstum?“ Die Legitimation liegt also – nach der sterbenden marktliberalen Logik – beim Kunden, dessen Wünsche erfüllt werden sollen. Die Deutsche Bank? Unschuldig.


Fitschen unterstreicht diesen Wahnsinn, indem er dem Kunden die Pistole auf die Brust setzt: Wer sich nicht aktiv und aus eben solchen Gründen vom Unternehmen abwende, sei offensichtlich einverstanden mit der Unternehmenspolitik.


Die Entscheidung, wirklich etwas zu ändern, liegt letztlich also wirklich beim Kunden der Deutschen Bank. Bei ihm liegt auch die Verantwortung, ja sogar die Pflicht, sich zu informieren, was er mit seinem Geld unterstützt.
Wenn dieser sich nun die Frage stellt, ob er die Bank wechseln soll, so findet er die Antwort beispielsweise bei der GLS-Bank. Deren Slogan: Die Verantwortung fürs Geld kann man am Bankschalter abgeben, muss man aber nicht.


Florian Sulies

Samstag, 21. Januar 2012

Wahre Größe

Und so kommt es wie es kommen musste. Die deutsche Wirtschaft steigt kontinuierlich, trotz Wirtschaftskrise, fortwährend an. Vor allem die Verbraucher machen den Unterschied aus. Der Konsum von Gütern ist nicht auf den wohlhabenden Status zurückzuführen, sondern auf die Angst vor der Krise. Was ist mein Geld morgen noch wert? Angst vor der nächsten Inflation?

Zumindest bescheinigt man auch 2011 den deutschen wieder ein gutes Wirtschaftswachstum. Das statistische Bundesamt gab bei den Zahlen für 2011 bekannt, dass das Wirtschaftswachstum um 3,0 Prozent zugelegt hat. Werte, die nur 2006 und 2010 (jeweils 3,7 Prozent) getoppt werden konnten. Und trotz der von Wirtschaftsökonomen befürchteten Rezession zu Beginn des Jahres, scheint es den deutschen doch gut zu gehen. Das ist zumindest, was die Zahlen verraten ( http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,808419,00.html ).

Doch lässt sich aus der wirtschaftlichen Stärke auch automatisch der Spiegel für eine gesunde und lebendige Gesellschaft vorhalten?
Der Indikator für das Wirtschaftswachstum, nämlich das Bruttoinlandsprodukt, bezeichnet die Gesamtheit aller innerhalb eines Jahres hergestellten Waren und erbrachten Dienstleistungen einer Volkswirtschaft. Aber das BIP kann nicht weiter als Indikator für das Wohlergehen einer Gesellschaft dienen. Der Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und dem tatsächlichen Wohlstand der Menschen muss radikal und neu überdacht werden.

Stattdessen sollte ein wesentlich aussagekräftigerer Indikator entwickelt werden, der das „reale“ Wohlbefinden der Bevölkerung misst und nicht etwa die wirtschaftliche Leistungskraft einer Volkswirtschaft.

Ein Beispiel für die Verblendung der Wirtschaftsstatistik sind Naturkatastrophen. Nach dem Tsunami in Südostasien oder auch der Atomkatastrophe in Fukushima folgte eine Reihe von internationaler und staatlicher Hilfen, wodurch das Wirtschaftswachstum sprunghaft angestiegen ist, das Wohlbefinden der betroffenen Menschen aber nicht.

Ein weiteres Problem ist die Frage der Nachhaltigkeit. Der Bau von Autobahnen, Staudämmen oder Industrieanlagen werden in der Statistik folgenlos als „Wachstum“ deklariert, während sämtliche Folgekosten, nämlich die Umweltschäden die deshalb entstehen, außer acht gelassen werden. Auch jede Form von „Arbeit“ die nicht auf dem Markt entgolten wird, sei es Kindeserziehung, ehrenamtliche Arbeit oder Pflege von Verwandten, ist maßgeblich für das Wohlergehen einer Gesellschaft wichtig, wird aber in keiner Form durch das BIP erfasst.

Das sind auch Aussagen, die von den beiden Nobelpreisträgern Joseph Stiglitz und Amartya Sen kommen, die mit einem „Nettoinlandsprodukt“ ein aussagekräftigeres Bild abgeben wollen „Die Zeit ist reif dafür, dass sich unser Messsystem mehr mit dem Wohlergehen der Menschen als mit wirtschaftlicher Produktivität befasst.“

Auch sollte dadurch vermittelt werden, dass die Zufriedenheit und Lebensqualität der Menschen nicht mehr automatisch mit dem wirtschaftlichen Wachstum ansteigt. Wahre Größe zeigt sich dann doch an anderen Stellen.

Denny Neidhardt