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Freitag, 10. August 2012

DNP-Auflösungserklärung

DNP
*01.01.2011 – †10.08.2012

Es geschah zu Beginn des Jahres 2011, als ich mich dazu berufen fühlte die deutsche Zeitungs- und Zeitschriftenbranche zu attackieren. Weichgespült vom Boulevardjournalismus der Springer Publikationen, vertretend durch die Bild-Zeitung, mit einhergehendem Arrangement der Alice Schwarzer im Fall Kachelmann, brachten für mich das Fass endgültig zum Überlaufen. Was zunächst in der Idee wurzelte ein Männermagazin zu publizieren und einen Gegenspieler zu Alice Schwarzer darzustellen, entwickelte sich kurze Zeit später als studentisches Politmagazin. Inspiriert durch die Härte und Kompromisslosigkeit der Larry Flynt Publications (LFP), diente mir mein publizistische Vorbild zur Adaption bei der Namenswahl meines Magazins. DNP wurde geboren.

Heute, 20.Monate später, wird das Projekt DNP beendet.

Angetreten sind wir mit dem Ziel eine freie und unabhängige Presseberichterstattung zu gewährleisten. Die Leidenschaft für Print-Publikationen brachte einen kleinen Kreis von Schreibern zusammen, die ihre Vision vom ewig-lebenden Untergrundmagazin wahr werden lassen wollten. Gleichermaßen wollten wir unsere Leitmotive ehrlich-direkt-polarisierend nach bestem Gewissen vertreten. Das gelang an manchen Stellen gut, an anderen weniger.

Die Anfänge
Mit wöchentlichen Blogbeiträgen zum politischen Geschehen, äußerte sich das Redakteursteam sehr kritisch gegenüber dem Arrangement zwischen Alice Schwarzer und der Bild-Zeitung, man sprach sich gegen ein NPD-Verbotsverfahren aus und rechtfertigte Panzer-Lieferungen (Leopard 2) nach Saudi Arabien. Das alles geschah nicht mit der Absicht vorgefertigte Ideologien zu repräsentieren und ein politisches Spektrum zu vertreten, sondern für ein breit gefächertes und polarisierendes Meinungsspektrum, abseits des Mainstreams, zu sorgen und einzutreten. DNP konnte sich zu keinem Zeitpunkt darauf berufen erstklassige Journalisten in das Team zu holen und zu bezahlen. Der ideologische Wert unserer Beiträge war bei weitem wichtiger als ein journalistisch einwandfreier Text – viele haben das leider in ihrer Beurteilung nicht gesehen. Die Rechenschaft über geschriebene Inhalte, waren sich die Redakteuere selbst schuldig. Das betrifft sowohl die freie Themenauswahl, als auch die Art der Darstellung. Weg von redaktionellen Leitsätzen, gab es nur drei Fragmente, die in jedem Artikel wiederzuerkennen sein sollten: ehrlich-direkt-polarisierend.

Das erste Heft
Im Mai 2011 folgte dann die erste Print-Publikation (Der Kampf um die Meinungsfreiheit – von Larry Flynt bis Julian Assange) mit einer Auflage von 100 Exemplaren. Schnell wurde die erste Ausgabe zum Kultobjekt. Nicht zuletzt wegen der Schwarzer-Debatte im Zusammenhang mit der Kachelmann-Affäre, schaffte DNP den Durchbruch. In diesem Artikel spiegelte sich genau das wieder, wofür DNP stehen wollte. Sich selbst gegenüber ehrlich zu sein und den Text an die Grenzen des erträglichen zu formulieren. Die erste Erleichterung setzte ein. Doch in den darauf folgenden Monaten klaffte immer wieder eine große Spanne zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Bis dahin war DNP ein geerdetes Magazin, jenseits von Verpflichtungen und gesellschaftlichen Normen. Doch der zunehmende Druck von außen und die große Erwartungshaltung was das zweite Heft betraf, schienen zu groß zu sein. Die Messlatte die wir uns selbst auferlegt hatten, schien nicht mehr zu überspringen zu sein.

Der zweite Anlauf
Kurz bevor DNP in sich implodierte, kam neue Unterstützung von außen. Der Blog kam wieder ins Rollen und erreichte über ein halbes Jahr lang 900 Seitenaufrufe pro Monat. Die Signale wurden von allen vernommen und schon bald formierte sich ein neues Team, auch mit altbekannten Gesichtern, das im Mai 2012 die zweite Print-Ausgabe (Die Afghanistan-Lüge) der DNP veröffentlichte. Das Feedback hielt sich in Grenzen, genauso wie die Verkaufszahlen. Spätestens jetzt wurde klar, dass der zeitliche Aufwand und die Begeisterung nicht mehr ausreichen würden, um das Magazin professioneller zu führen und es auf die nächste Ebene zu heben. Und das Projekt noch weiter künstlich am Leben zu erhalten, wäre unserer nicht würdig gewesen. Deshalb halten wir es lieber getreu nach Kurt Cobain: It's better to burn out than to fade away.
Deutschlands erstes und einziges Polit-Untergrundmagazin ist Geschichte.

Was bleibt?
Neben einigen noch nicht verkauften Heften wird von DNP wohl wenig, außer der Gewissheit übrig bleiben, dass die ideellen Werte von DNP immer im Vordergrund standen und diese auch gleichzeitig ein Band zwischen allen Beteiligten geschmiedet haben. Die Erfahrung die uns durch dieses Heft eint, kann uns niemand mehr nehmen. Vielleicht wird man sich in 10. oder 20. Jahren das Heft hervorholen und demütig, aber mit einem leichten lächeln, an diese Zeit zurückdenken.

Nachwort
Ich möchte allen Danken, die aktiv bei DNP mitgewirkt und publiziert haben. Auch allen Unterstützern, sei es finanziell oder ideell, möchte ich meinen Respekt aussprechen. Ihr habt DNP erst so weit getragen und zu dem gemacht was es war.

Zum Schluss möchte ich noch einigen Wegbegleitern speziell danken.
Noch bevor das erste DNP Heft fertig gedruckt war, gab mir das studentische hsf-Radio die Chance Werbung für mein Magazin zu machen. Dabei lernte ich Aaron Thieme kennen, der seit diesem Interview beim ISWI Talk ein wertvoller Input für DNP geworden ist.
Benjamin Schaller, den ich durch das Studium kennenlernte, war von der ersten Stunde an dabei und war, nicht zuletzt durch seine wertvollen und regelmäßigen Beiträge, ein konstanter Eckpfeiler bei DNP.
Ebenfalls danken möchte ich Nino Zebiri. Trotz der geographischen Entfernung hatte ich nie bedenken, dass ich mich auf Dich und Deine qualitativ sehr guten Auslandsbeiträge, verlassen kann.
Danke für Eure Hingabe und Freundschaft!

Venceremos!
Denny Neidhardt

Samstag, 31. März 2012

Wachstum statt Moral?

Wenn man sich einmal für eine Bank entschieden hat, ist diese Beziehung oft stabiler als so manche Ehe. Trotzdem sollte man hin und wieder prüfen, ob man noch glücklich mit ihr ist. Denn die Antwort lautet nein – falls man Kunde der Deutschen Bank ist.


Auf der Vollversammlung der Deutschen Bank sorgte Barbara Happe 2011 für Aufsehen. Die Aktionärin und Vertreterin des Naturschutzverbandes urgewald e.V. klagte dort die Unternehmenspolitik des Bankhauses an, genauer: Sie klagte über Beteiligungen an Geschäften mit international geächteten Streubomben. Um die Aussage zu unterstreichen, sprach ein verkrüppelter Mann, selbst Streubombenopfer aus Serbien, vor den versammelten Gesellschaftern. Der Auftritt zeigte Wirkung. Josef Ackermann versprach schließlich im November letzten Jahres, man werde die Geschäfte mit den betreffenden Waffenherstellern einstellen.


Ist das schon Grund genug, die Bank zu wechseln? Vielleicht nicht, sieht es doch nach einem Erfolg, nach einer Änderung in der Unternehmenspolitik aus. Die Finanzierung von Streubomben ist allerdings nicht der einzige Fleck auf der weißen Weste der Deutschen Bank. Es kommen noch eine Reihe weiterer verwerflicher Geschäfte hinzu. Ganz abgesehen davon, dass die Deutsche Bank ihr Versprechen gebrochen hat und neue Geschäfte mit Streubombenherstellern einging (was Ackermann öffentlich frech leugnete), bleiben Beteiligungen am Waffenhandel mit Diktatoren, am schmutzigen Abbau von Uranerz in Südafrika und an moralisch verwerflichen Spekulationen auf Lebensmittel unerwähnt.


Wie verteidigt das die Deutsche Bank? Jürgen Fitschen, Vorstandsmitglied der Deutschen Bank, ließ dazu auf dem evangelischen Kirchentag in Dresden vernehmen: „Wer will denn schon kein Wachstum?“ Die Legitimation liegt also – nach der sterbenden marktliberalen Logik – beim Kunden, dessen Wünsche erfüllt werden sollen. Die Deutsche Bank? Unschuldig.


Fitschen unterstreicht diesen Wahnsinn, indem er dem Kunden die Pistole auf die Brust setzt: Wer sich nicht aktiv und aus eben solchen Gründen vom Unternehmen abwende, sei offensichtlich einverstanden mit der Unternehmenspolitik.


Die Entscheidung, wirklich etwas zu ändern, liegt letztlich also wirklich beim Kunden der Deutschen Bank. Bei ihm liegt auch die Verantwortung, ja sogar die Pflicht, sich zu informieren, was er mit seinem Geld unterstützt.
Wenn dieser sich nun die Frage stellt, ob er die Bank wechseln soll, so findet er die Antwort beispielsweise bei der GLS-Bank. Deren Slogan: Die Verantwortung fürs Geld kann man am Bankschalter abgeben, muss man aber nicht.


Florian Sulies

Samstag, 21. Januar 2012

Wahre Größe

Und so kommt es wie es kommen musste. Die deutsche Wirtschaft steigt kontinuierlich, trotz Wirtschaftskrise, fortwährend an. Vor allem die Verbraucher machen den Unterschied aus. Der Konsum von Gütern ist nicht auf den wohlhabenden Status zurückzuführen, sondern auf die Angst vor der Krise. Was ist mein Geld morgen noch wert? Angst vor der nächsten Inflation?

Zumindest bescheinigt man auch 2011 den deutschen wieder ein gutes Wirtschaftswachstum. Das statistische Bundesamt gab bei den Zahlen für 2011 bekannt, dass das Wirtschaftswachstum um 3,0 Prozent zugelegt hat. Werte, die nur 2006 und 2010 (jeweils 3,7 Prozent) getoppt werden konnten. Und trotz der von Wirtschaftsökonomen befürchteten Rezession zu Beginn des Jahres, scheint es den deutschen doch gut zu gehen. Das ist zumindest, was die Zahlen verraten ( http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,808419,00.html ).

Doch lässt sich aus der wirtschaftlichen Stärke auch automatisch der Spiegel für eine gesunde und lebendige Gesellschaft vorhalten?
Der Indikator für das Wirtschaftswachstum, nämlich das Bruttoinlandsprodukt, bezeichnet die Gesamtheit aller innerhalb eines Jahres hergestellten Waren und erbrachten Dienstleistungen einer Volkswirtschaft. Aber das BIP kann nicht weiter als Indikator für das Wohlergehen einer Gesellschaft dienen. Der Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und dem tatsächlichen Wohlstand der Menschen muss radikal und neu überdacht werden.

Stattdessen sollte ein wesentlich aussagekräftigerer Indikator entwickelt werden, der das „reale“ Wohlbefinden der Bevölkerung misst und nicht etwa die wirtschaftliche Leistungskraft einer Volkswirtschaft.

Ein Beispiel für die Verblendung der Wirtschaftsstatistik sind Naturkatastrophen. Nach dem Tsunami in Südostasien oder auch der Atomkatastrophe in Fukushima folgte eine Reihe von internationaler und staatlicher Hilfen, wodurch das Wirtschaftswachstum sprunghaft angestiegen ist, das Wohlbefinden der betroffenen Menschen aber nicht.

Ein weiteres Problem ist die Frage der Nachhaltigkeit. Der Bau von Autobahnen, Staudämmen oder Industrieanlagen werden in der Statistik folgenlos als „Wachstum“ deklariert, während sämtliche Folgekosten, nämlich die Umweltschäden die deshalb entstehen, außer acht gelassen werden. Auch jede Form von „Arbeit“ die nicht auf dem Markt entgolten wird, sei es Kindeserziehung, ehrenamtliche Arbeit oder Pflege von Verwandten, ist maßgeblich für das Wohlergehen einer Gesellschaft wichtig, wird aber in keiner Form durch das BIP erfasst.

Das sind auch Aussagen, die von den beiden Nobelpreisträgern Joseph Stiglitz und Amartya Sen kommen, die mit einem „Nettoinlandsprodukt“ ein aussagekräftigeres Bild abgeben wollen „Die Zeit ist reif dafür, dass sich unser Messsystem mehr mit dem Wohlergehen der Menschen als mit wirtschaftlicher Produktivität befasst.“

Auch sollte dadurch vermittelt werden, dass die Zufriedenheit und Lebensqualität der Menschen nicht mehr automatisch mit dem wirtschaftlichen Wachstum ansteigt. Wahre Größe zeigt sich dann doch an anderen Stellen.

Denny Neidhardt

Mittwoch, 21. Dezember 2011

Schafft die Rente ab!

Hurra! Die Berechnungen für das nächste Jahr haben ergeben, dass nach vielzähligen Nullrunden, die Renten nächstes Jahr um 2,3% steigen werden, was einem monetären Wert von ca. 16 Euro entspricht. Was eigentlich ein Grund zur Freude sein sollte, könnte aber auch kritisch hinterfragt werden.
Denn auch wie in der Gesellschaft im allgemein zu sehen ist, geht die soziale Schere, im speziellen bei den Rentnern, immer weiter auseinander. Die wachsende Zahl der Rentner, die nicht mehr von der Rente leben können steigt, wohingegen sich ein beachtlicher Teil mit einer guten Pension, ein schönes Leben machen können. Und am Ende sind es die Arbeitnehmer, die steigende Sozialausgaben auch nicht mehr stemmen können. Ein Kreislauf, der nur durch eine Maßnahme durchbrochen werden kann. Schafft die Rente ab!

Es muss nicht verleugnet werden, dass es in Deutschland sehr viele gut verdienende Rentnerinnen und Rentner gibt. Gerade pensionierte Beamte, wo 2/3 mehr als 2000 Euro im Monat bekommen, kommen mit ihrer Rente gut aus. Aber genauso gibt es auch ökonomisch schwache Rentner, bei denen ca. 6% (800.000) Ende 2011 die Grundsicherungsrente beziehen müssen, wohingegen aber 94% der Rentner und Pensionierten stehen ( 20 Millionen), denen es so in dieser Form, in der Generation, nie mehr so gut gehen wird, wie den Folgegenerationen. Die Tendenz der Altersarmut wird weiter ansteigen. Und das, obwohl Rentner schon jetzt mehr bekommen,als ihnen nach dem Umlageverfahren zusteht.

Um soziale Gerechtigkeit herzustellen, muss auch ein Rentenausgleich innerhalb der jetzigen Rentnergeneration hergestellt werden. Das bedeutet aber auch die Idee vom sozialen Ausgleich leben, statt wie der ehemalige Ministerpräsident von Hessen, Hans Eichel, bei 9.600 Euro an Altersbezügen sich noch zusätzlicher Gelder zu erklagen.

Erinnern wir uns an die Ursprünge der gestzlichen Rentenversicherung: Im deutschen Kaiserreich führte Otto von Bismarck 1891, als letzte seiner Sozialversicherungen, die Rentenversicherung ein. Man ging damals von einem Renteneintrittsalter von 70 Jahren aus, bei einer damals deutlich geringeren Lebenswerwartung. Man konnte im Schnitt 13 Jahre nach dem Berufsleben die Rente in Anspruch nehmen.
Heute gibt es die Illusion, dass Menschen glauben, sie könnten 20 bis 25 Jahre von der Rente leben. Das umfasst jetzt schon teilweise zwei Generationen. Es kann nicht sein, dass es 25 Jahre lang soziale Transferleistungen vom Staat gibt, weil dieses System sonst an die Wand gefahren wird.

Das sind ökonmoische Utopien, die seit über 40 Jahren von den Parteien aufrecht erhalten werden, weil niemand bereit ist die notwendigen Reformen einzuleiten.
Und um die private Vorsorge gab es in den letzten Jahren nur den Vorstoß der SPD. Aber wirklich verdienen tun an der Riester Rente nur die Versicherer, sofern der Riester-Rentner nicht das 100. Lebensjahr erreichen, um das rauszubekommen, was man ein Leben lang über eingezahlt hat.

Der Generationenvertrag, der damals als Sinnbild für den sozialen Ausgleich stand, verdeutlicht heute ganz klar, dass dieses System zum Scheitern verurteilt ist: Auf einen Rentner sind früher zwei Arbeitnehmer gekommen. Heute hat sich dieses Verhältnis umgedreht, mit Tendenz zu einem dritten Rentner auf einen Arbeitnehmer. Das hat natürlich auch viel mit dem demographischen Wandel zu tun: Die Lebenserwartung steigt jährlich um 0,3%. Das macht in 10 Jahren wieder drei zusätzliche Jahre aus.

System mit Sackgasse

Das System der gesetzlichen Rentenversicherung beläuft sich darauf, dass die Einzahlungen gleich den Leistungen entsprechen müssen, damit wir von Generationengerechtigkeit sprechen können. Die aktuellen Rentner hatten kleine Abgaben, bei großen Leistungen und sind deshalb auch früher in Rente gegangen. Jetzt haben die aktuelen Erwerbstätigen aber höhere Abgaben für weniger Leistungen, sodass sich das Renteneintrittsalter nach hinten verschiebt. Dazu kommen auch noch die Beamten, die gar keine Ausgaben haben und trotzdem eine hohe Pension zugesichert bekommen. Die Schlussfolgerung bleibt, dass zukünftige Generationen gar nicht mehr von der Rente leben können, wenn sie nicht privat vorsorgen oder das ganze Rentensystem komplett umgekrempelt wird.

Die Folge: Die junge und mittlere Generation wird diesen Aufwand an Beiträgen nicht mehr finanzieren können. Das heißt, dass wir irgendwann über die Renten mit 70 und 71 reden müssen, genauso, wie das die Verdienenden auch mutiger im letzten Jahzehnt ihres Arbeitslebens denken müssen. Je nach Branche in der ich mich aufhalte, kann ich auch von heute auf morgen ohne Perspektive darstehen. Die Aussichten auch als Mittfünfziger einen Job zu bekommen, sobald er im Jobcenter ist, sei hier mal deutlich in Frage gestellt.

Ohne ein großer Prophet sein zu müssen, wird man sehen, dass es einen Crash der Renten-Kasse innerhalb der nächsten 10-12 Jahre geben wird. Die junge Generation sollte jetzt bereits nicht mehr in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen, weil man dieses Geld sonst nie wieder sehen wird. Das Gerechtigkeitsprinzip, dass die Abgaben gleich den Leistungen entsprechen sollen, wird komplett verletzt.

Die Alternativen

Die Seniorengenossenschaft in Riedlingen könnte als Vorreiter für ein bundesweites Projekt der Sozialreform gelten. Der Genossenschaftsgedanke in Riedlingen bezieht sich auf: Jeder hilft jedem. Die Helfer können sich das Stundenhonorar von 6 Euro /Stunde auszahlen lassen oder auf einem Zeitkonto ansparen für den Tag, an dem sie selbst Hilfe benötigen. Das Projekt läuft gut an und umfasst derzeit ca. 600 Mitglieder.

Ein zweiter Vorschlag wird u.a. von Lothar Späth (Ministerpräsident in Baden Würtemberg; 1978-1991) unterstützt. Nämlich das ein soziales Pflichjahr eingeführt wird, dass zwei mal im Leben absolviert werden muss. Das erste mal nach der Schule, das zweite mal vor dem Renteneintritt. Er begründet seine Maßnahme damit, dass die Rentnerinnen und Rentner heute noch fitter und vitaler sind, als sie es noch früher waren. Außerdem wünschen sich ältere Mitbürger mehr Verantwortung in der Gesellschaft und eine Beschäftigung, die dem letzten Lebensabschnitt nochmal Schwung geben soll. So soll sich diese Generation auch um Kindergartenkinder kümmern oder sich bei gemeinnütziger Arbeit engagieren.

So oder so wird uns die Rentenproblematik auch die nächsten Jahre noch weiter verfolgen und zukünftig noch häufiger Teil der politischen Agenda sein.

Denny Neidhardt

Donnerstag, 17. November 2011

Kommentar zum geforderten NPD-Verbot

Nachdem sich am Wochenende die rechtsextremen Terroristen Uwe M. und Uwe B. das Leben nahmen, stellte sich die Dritte im Bunde, Beate Z., freiwillig der Polizei. Die Taten der Zwickauer Terrorzelle bringen dieser Tage eine erneute öffentliche Debatte an die Oberfläche, die bereits seit mehreren Jahren verfolgt, seit 2003 aber nicht ernsthaft weiter diskutiert wurde. Es geht um ein Verbot der Rechtsradikalen Partei NPD.

Es ist ein klassischer Reflex in Deutschland, dass man nach Katastrophen immer Regulierungen und Restriktionen fordert. Nach dem Amoklauf in Winnenden hieß es damals von allen Seiten, man müsse schärfere Waffengesetze einführen und am besten alle Computerspiele, die Gewalt beinhalten, vom Markt nehmen. Als uns Fukushima erreichte, dachte man plötzlich wieder darüber nach, ob man nicht die Atomkraft abschalten solle und auf Alternativ-/Regenerative Energien umsteigen sollte. Nun folgt also die erneute Debatte, die nach rechtsextremer Gewalt angestoßen worden ist, nämlich ob man die rechtsextreme NPD-Partei verbieten kann/muss.

Um es vorweg zu nehmen, auch ich halte die NPD für eine menschenverachtende und in allem Maße verfassungswiedrige und wiederwärtige Partei. Allein schon wie sie das Thema Rassentrennung propagieren, macht mich sprachlos. Seit Uhrzeiten haben Menschen das Verlangen gehabt Strukturen und Hierarchien einzuführen. Und eine der billisten Formen ist es, dass über die Hautfarbe zu definieren, wer in einer Gesellschaft etwas Wert ist. Eine politische Partei, die sich mit dieser inhumanen Ideologie am Rande der Gesellschaft bewegt und sich nicht zuletzt durch Wahlkampfpauschalen, und damit Steuergeldern finanziert, ärgert mich maßlos.

Aber hilft ein Verbot? Ich glaube Nein.
Wenn die Rot-Grüne Regierung und der Bundestag 2003 mit ihrem Verbotsantrag der NPD damals durchgekommen wären, würden die Täter der Zwickauer Terrorzelle jetzt noch leben? Abermals, leider Nein. Denn die politische Ideologie, die braune Saat, die in den Köpfen der Täter verpflanzt war, sie ist bereits vorher aufgegangen. Braunes Gedankengut mitten unter uns, weil der Verfassungsschutz versagt hat.

Das Bundesverfassungsgericht weigerte sich 2003 dem Antrag eines NPD-Staatsverbots stattzugeben, bzw. weiter zu verfolgen aufgrund von „fehlender Staatsferne“ der Neonazipartei. Die Verfassungsrichter mutmaßten also, dass die Hetztätigkeit der NPD auch auf das Konto der V-Männer zurückzuführen sei. Wissen wir denn, ob das heute anders ist?
Über die dubiose Rolle des Verfassungsschutz müsste an dieser Stelle nochmal explizit eingegangen werden. Fest steht aber, dass wenn die Regierung sich jetzt um ein erneutes NPD-Verbot bemüht, auch mächtig auf die Nase fliegen könnte. Denn sollte das nicht gelingen, wäre das eine Katastrophe für uns und ein unglaublicher Propaganda.-Erfolg für die NPD und Wasser auf die Mühlen der kahlrasierten Köpfe. Wollen wir das wirklich?

Die Frage die sich stellt: Verschwindet mit der Partei auch jegliches Gedankengut, dass mit jener verbunden wird? Die entsprechenden Wege und Mittel werden diese Leute immer besitzen, um ein Ventil für ihre politische Ideologie zu finden. Und gerade aus historischer Sicht bedarf es keiner langen Vorrede, dass unterdrückte politische Meinungen in Deutschland schon ganz andere Wiederauferstehungen gefeiert haben. Nicht zuletzt bin ich aber auch der Meinung, dass es für die Gesundung einer Demokratie unabdinglich ist, auch unpopuläre Meinungen, ebenso wie Parteien, zu ertragen. Schließlich bietet sich hier auch die gesellschaftliche Debatte an, sich mit Themen aktiv zu beschäftigen und auseinanderzusetzen. Wenn wir das nicht mehr hinbekommen und nur noch über Verbote und Regulierungen reden wollen, werden wir Opfer unserer eigenen Idee einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung.  

Denny Neidhardt